Und da gehen wir! Zu fünft. Drei Bhutaner, meine Reisebegleiterin Jacomien, die ich seit zwanzig Jahren kenne und bei der ich leicht weinen kann, wenn es unbedingt nötig ist, und ich. Vier Welpen aus dem Dorf, in dem wir campieren, trotteln stolz mit uns mit. Sie rennen so schnell sie können und purzeln übereinander, wenn sie den Hang hinauf müssen, was sie mit ihren kleinen Pfoten nur schwer schaffen. Wir lassen Limucka hinter uns. Die Bäume und Pflanzen stehen immer näher beieinander, je höher wir steigen. Überall Blätter in den beeindruckendsten Formen. Man strauchelt regelrecht über die Zimmerpflanzen aus unserem Wohnzimmer. Bäume mit Parasitenpflanzen, die sich um ihre moosbedeckten Äste winden, sehen ein wenig beängstigend aus. Als wäre ich in einem Film von *Der Herr der Ringe* gelandet.
Der Aufstieg ist ganz schön anspruchsvoll. Ich gehe nach meinem Gefühl fast vertical in Zickzack. Der Pfad, dem ich folge, ist ein uralter Weg, der quer über einen Bergrücken führt. Kein Hinweis auf einen Wanderweg. Es scheint, als ob nur wenige Menschen hierher kommen, denn der Pfad ist oft schwer zu finden und von den schönsten Pflanzen, Bodendeckern und schönen Blumen überwuchert. Der steile Weg nach oben ist vor allem eine Herausforderung, weil es gerade geregnet hat und der Boden glitschig ist, sodass ich regelmäßig ausrutsche und ein Stück nach unten rutsche. Zum Glück ist eine Dschungel von Ästen um mich herum, an denen ich mich festhalten kann, wenn es zu kippen droht, also höre Sie mich nicht. Ich rutsche fröhlich weiter. Dann sehe ich einen Stock liegen, der mir wie auf den Leib geschnitten scheint. Dieser Stock, bedeckt mit weiß-grünen Moosen, wird mein Freund. Er hilft mir an den rutschigen Stellen und wird in dieser kurzen Zeit, in der ich diesen steilen Hang überwinde, buchstäblich mein Halt und Pfahl. Ich liebe meinen Stock. Es ist ein lustiges Phänomen, dass ich in Momenten, in denen alles gegen mich läuft, sofort an Zuhause denke. Ich sehe das grinsende Gesicht meines Sohnes und das strahlende Lächeln meiner Tochter und höre die beruhigende Stimme meines Partners, und ich möchte nichts lieber, als nach Hause. Was habe ich mir nur dabei gedacht? Ist das hier wirklich lustig? Welcher Idiot rennt hier eine vertikale Steigung mitten in Bhutan hinauf? Ich fange mich wieder, als ich Jacomiens Stimme höre. „Hoehoe!“ klingt es durch die Wildnis. Ich sehe sie wegen der dichten Vegetation nicht, ich sehe übrigens niemanden, aber durch ihre fröhliche Stimme, die mir sagt, in welche Richtung ich gehen soll, kann ich weitergehen. Die Melancholie verschwindet für immer, und mit heiterer Stimmung und einem festen Schritt steuere ich nach oben, vertrauend auf meinen Freund, den Stock.
Ich höre das Zwitschern eines seltsamen Vogels und imitiere ihn. Ich füge gleich eine Terz tiefer hinzu, in der Hoffnung, dass wir gemeinsam eine schöne Harmonie erhalten, aber er bleibt kurz aus. Vielleicht verwirrt. Dann höre ich in der Ferne Gebell. Ah, ein Hund! Wir kommen wieder in die bewohnte Welt. Aber hey, ich stehe hier auf einem steilen, rutschigen Hang, mitten in der Pampa und die bewohnte Welt kommt auf mich zu? Hier stimmt etwas nicht. Der gutaussehende Begleiter, der mit mir in Turnschuhen ohne Socken mitkommt, murmelt von hinten; „Es ist ein bellendes Reh.“ Was? Ein bellendes Reh? Wow! Ich bin tatsächlich mitten in der Pampa! Und ich keuche fröhlich meinen Weg nach oben.
Dann höre ich wieder Jacomiens Stimme. „Ich bin da,“ sagt die Stimme. „Wie, ich bin da?“ Wo bist du denn? Ich schaue nach oben und sehe zwischen den Bäumen einen weißen, leeren Raum erscheinen. Dort, wo der Raum ist, muss Luft sein und das bedeutet ein Ende der Vegetation, also des vertikalen Bodens, auf dem ich stehe! Ich bin fast oben! Oben angekommen stehen wir zwischen verblassten und zerfledderten Gebetsfahnen, umhüllt von dünnen Nebelbändern. Wir stehen hier oben auf dem Berg in den Wolken! Und dann trinken wir Tee. Heißer Tee. Aus einer riesigen Thermoskanne, die einer unserer Begleiter von unten mitgeschleppt hat. Ich dachte mir schon, was für einen großen Rucksack dieser Typ für eine Tageswanderung hat. Übrigens dürfen wir uns auf einem großen Baumstamm niederlassen, weil die Umgebung frei von Blutegeln sein sollte. Denn ich habe Ihnen heimlich noch etwas verschwiegen, da ich vor allem die Vorteile des Wanderns während der Monsunzeit durch bhutanisches Dickicht erwähnt habe.
Ich muss ehrlich sagen, dass ich neben dem heldenhaften Aufstieg auch mal schreien musste. Ich schrie, als ich zum ersten Mal sah, wie sie auf meinen Schuhen krabbeln. Kleine und große Würmchen, die eigenartig ihren Körper wie ein Stachelschwein aufstellen, dann umherkrabbeln und fühlen, ob sie irgendwo ein Stück Haut zu fassen bekommen, um einmal ordentlich zuzubeißen. Blutegel also. Und genau das tun sie: Blut saugen. Hilfe! Ich habe meine Socken bereits über meine Hose gezogen, ich habe meine Hose an der Unterseite bereits geschlossen. Aber das hilft alles nichts. Sie kriechen hinein oder gehen direkt durch Ihre Socken. Die gute Nachricht ist, dass sie loslassen, wenn sie genug haben. Schön ist anders. Aber sie verursachen sonst keine Schmerzen. Das einzige Problem ist, dass sie ein Antikoagulans in Ihr Blut spritzen, wodurch das Blut nicht schnell gerinnt, nachdem sie losgelassen haben. Sie bluten also noch eine Weile weiter. Und das hinterlässt unschöne Blutflecken, wenn Sie es nicht bemerken. Aber hey, es sieht auch abenteuerlich aus, diese blutigen Socken. Die Geschichte von Redmond OHanlon kommt mir in den Sinn. Ich habe beim Lesen seines Buches *In the heart of Borneo* kräftig über die Geschichte gelacht, in der er durch ein Teesieb im Dschungel pinkelt, weil er Angst hat, dass die Parasiten über seinen Strahl direkt in seinen Penis kriechen. Wah!
Jacomien setzt noch einen drauf, indem sie erzählt, dass Zecken die wärmsten Stellen aufsuchen und sich somit auch manchmal im Vaginalbereich finden! Wer also diese Geschichten nicht hören kann, dem habe ich einen Rat: Mache diese Trek nicht in der Monsunzeit. Frühjahr, Herbst und Winter? Keinerlei Problem. Das Nachteil ist dann jedoch, dass Sie die vorher genannten heldenhaften Abenteuer Geschichten leider nicht parat haben, bei einer Party, auf der Sie garantiert der Mittelpunkt hätten sein können. Also.
Der Abstieg geht wie im Flug! Das ist ein großer Spaß, umgeben von dem schönste Grün und den fröhlichsten Blumen, die man sich nur vorstellen kann. Und dann plötzlich ist der Wald verschwunden. Und ich stehe Aug in Aug mit einer beeindruckenden Kulisse. Ich schaue über das märchenhafteste Tal, das ich mir nur vorstellen kann. Samtengang Tal. Mission erfüllt!
Christel